Die neue Cannabis-Ökonomie
Cannabis war für die Politik lange Zeit ein rotes Tuch. Mehr Kontrollen, härtere Strafen war das Motto im Kampf gegen eine vermeintliche Verwahrlosung der Gesellschaft. Diese Einstellung ändert sich langsam aber sicher. Sowohl in den USA als auch in Europa fallen nach und nach die Verbote. Der Grund dafür sind nicht die Proteste einiger Kiffer gegen eine ungerechte Behandlung. Vielmehr hat die Wirtschaft Cannabis als profitablen Geschäftszweig entdeckt und verlangt seither mit Nachdruck die Freigabe. In Zeiten einer schwächelnden Realökonomie kommt so eine Gelegenheit wie gerufen, und so stößt dieser Ruf auch in der Politik auf Gehör.
Neue Geschäftsgelegenheiten
Cannabis war schon immer eine wertvolle Handelsware. Jetzt landet das Geld nicht in den Taschen krimineller Banden, sondern bei legitimen Unternehmen. Saatgutverkäufer und spezialisierte Züchter springen, quasi übernacht, aus dem Boden. Ihre Kreationen tragen zunehmend dramatische Namen wie Kryptonite oder Kickass, um nur zwei Beispiele zu nennen. Es gibt spezialisierte Sorten für den Anbau im Freien oder den Indoor-Anbau, für die schnelle Ernte oder für einen maximalen Ertrag. So ergeben sich Geschäftsgelegenheiten für unzählige kleine Start-ups. Aber auch mittelständische Unternehmen und sogar milliardenschwere Konzerne sind im neuen Cannabis-Boom schon entstanden. Unternehmer haben so die Perspektive, auch außerhalb der Digitalökonomie Neuland zu erschließen.
Durchbrüche in der Medizin
Aber nicht nur Unternehmer freuen sich über die Fülle an neuen Möglichkeiten. Auch für die Medizin ist Cannabis ein wahrer Segen. Denn nach wie vor gibt es viele Krankheiten, für die es noch keine wirksamen Medikamente gibt. Weil Cannabis ein breites Wirkungsspektrum hat, eignet es sich für viele unterschiedliche Beschwerden. Und so machen Ärzte von der Möglichkeit, Cannabis zu verschreiben, regen Gebrauch. Die Krankenkassen schätzen, dass aktuell mehr als 80.000 Menschen medizinisches Cannabis aus der Apotheke erhalten. Die Arznei wird etwa bei chronischen Schmerzen, multipler Sklerose oder Depressionen verschrieben. Immer wieder gelingt es so, Symptome zu lindern, wenn andere Therapien nicht angeschlagen haben.
Schub für die Wirtschaft
Auch die Gesamtwirtschaft profitiert von der neuen Cannabis-Industrie. In Cannabis-Geschäften, Online-Shops und in der Landwirtschaft entstehen zehntausende von Arbeitsplätzen vor Ort, was zusätzliche Einnahmen für Sozialkassen bedeutet. Auch Zulieferer wie Laborausrüster verzeichnen eine wachsende Nachfrage. Die Steuern aus dem Umsatz mit Cannabis tragen dazu bei, leere Staatskassen wieder aufzufüllen. Allein der US-Bundesstaat Kalifornien nahm 2020 mehr als 600 Millionen Dollar durch Cannabis ein. Dieses Geld wurde unter anderem in die Förderung armer Kinder und in den Umweltschutz investiert. Viele Gemeinden erheben eine zusätzliche Steuer und können so Projekte in der Region finanzieren. Von der Cannabis-Legalisierung profitiert also nicht nur die Privatwirtschaft, sondern auch die öffentliche Hand.
Diese positiven Auswirkungen der neuen Cannabis-Ökonomie sind auch der Grund dafür, dass hierzulande mit einer ähnlichen Entwicklung zu rechnen ist. Wer auf einem Festival ein Tütchen Gras dabei hat, muss in Zukunft wohl keine Angst mehr vor einer Polizeikontrolle haben – außer natürlich, er setzt sich für den Heimweg bekifft hinters Steuer. Damit kann dieser wichtige Bestandteil der heutigen Popkultur endlich aus dem Untergrund hervorkommen. Auch wenn die Motivation dahinter wohl das große Geld ist, wird die Legalisierung zahlreiche Cannabis-Fans erfreuen.