Verhilft der “Joker” Joaquin Phoenix zu seinem ersten Oscar?
Es ist wieder soweit: Die Oscar-Saison ist offiziell eröffnet. Wie immer begann es mit der Filmfestspielsaison in diesem Herbst, in der eine Reihe von namhaften Bewerbern ihre neuesten Werke präsentierten, um Publikum, Kritiker und Preisrichter für sich einzunehmen. Obgleich wir noch ein paar Monate von der Vergabe der Oscars entfernt sind, lässt sich bereits beobachten, wie das Rennen um den “Besten Film” Gestalt annimmt.
Kaum ein anderer Film hat in diesem Jahr für so viel Gesprächsstoff gesorgt wie Todd Phillips‘ Comic-Verfilmung “Joker”. Grund dafür ist vor allem die atemberaubende Performance des Hauptdarstellers Joaquin Phoenix. Diesem gelinge es, “sogar die ikonische Darstellung des Batman-Gegenspielers durch Heath Ledger in Christopher Nolans ‘The Dark Knight’ verblassen zu lassen”, urteilte “Spiegel online”.
Das Werk erzählt die sogenannte Origin Story des finsteren Kontrahenten von Superheld Batman in Gotham City Anfang der 1980er Jahre. Der sensible Außenseiter Arthur Fleck (Joaquin Phoenix) lebt bei seiner Mutter in einem heruntergekommenen Apartment und träumt von einer Karriere als Comedian. Als die öffentlichen Mittel für die Treffen mit einer Sozialarbeiterin sowie die Medikamente, die sein Dasein einigermaßen im Lot halten, gestrichen werden, nimmt das Unheil schließlich seinen Lauf.
Einen ersten Achtungserfolg erzielte das Antihelden-Epos bereits bei den 76. Filmfestspielen in Venedig im September. Zwar waren Kritiker wie Publikum gleichermaßen angetan von dem Blockbuster, der in Kürze die Milliarden-Dollar-Marke bei den weltweiten Einspielergebnissen brechen dürfte. Dennoch hatten nur wenige damit gerechnet, dass die Jury der Comic-Adaption tatsächlich den Goldenen Löwen für den besten Film verleihen würde.
Nun drängt sich die Frage auf, ob die Auszeichnung womöglich schon ein Fingerzeig ist für die Anfang 2020 anstehenden Academy Awards. Ein Blick auf diejenigen, die sich beruflich mit der Eintrittswahrscheinlichkeit eines Ereignisses befassen, offenbart: Es läuft wohl auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen mindestens vier Produktionen hinaus. Hauchdünner Favorit ist demnach das starbesetzte Drama “The Irishman” von Martin Scorsese, knapp vor der Tragikomödie “Marriage Story” mit Scarlett Johansson und Adam Diver. Dahinter rangieren gleichauf Quentin Tarantinos neues Opus “Once Upon a Time in Hollywood” sowie “Joker”.
Vierte Oscar-Nominierung für Phoenix?
Dass auch Joaquin Phoenix gute Chancen in der Oscar-Kategorie “Bester Hauptdarsteller” eingeräumt werden, nimmt nicht wunder. Es wäre bereits die vierte Nominierung für den gebürtigen Puerto-Ricaner, nachdem er beispielsweise für seine Leistung im Johnny Cash-Biopic “Walk The Line” als Preisträger gehandelt worden war. Konkurrenz erwächst dem 45-Jährigen unter anderen in Robert de Niro bzw. Al Pacino (“The Irishman”) sowie Leonardo di Caprio (“Once Upon a Time in Hollywood”).
Allein: Wird sich die Academy of Motion Picture Arts and Sciences (AMPAS) tatsächlich für den Protagonisten eines derart düsteren und vor Gewalt strotzenden Films entscheiden? Das Branchenblatt „Variety“ jedenfalls hat seine Zweifel. Die Jurymitglieder könnten sich wohl schwerlich mit der Vorstellung anfreunden, dass ihr Votum als Zustimmung zu Gewalt verstanden werden könnte. „Schauen Sie sich auch seine Konkurrenz an: Würden die Juroren tatsächlich einen mörderischen Wahnsinnigen statt eines Adam Driver wählen, der in ‚Marriage Story‘ ihr Herz rührt und ‚Being Alive‘ singt?“
Vergeben werden die Oscars voraussichtlich am 9. Februar 2020 in Los Angeles.